"Räume
des Daseins" - dieser Titel bezieht sich mittelbar und unmittelbar
auf die künstlerische Arbeit von Helga Goldhorn. Der Titel symbolisiert
die Existenz von Mensch und Natur, dokumentiert das räumliche und
menschliche Dasein und die Präsenz in einer Gemeinschaft. Er steht
ebenso als Metapher für unsere Träume.
Die Lebenserfahrung Helga Goldhorns spiegelt sich eindrucksvoll
in ihrer Kunst wieder. Sie hat sich ihr Leben lang theoretisch und
praktisch mit Kunst auseinandergesetzt und Ausstellungen gemacht,
aber erst spät zunächst bei Professor Weißhaar und dann bei Günther
Förg an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert, hat
sozusagen künstlerisch noch einmal von vorne begonnen. Die Künstlerin
hat für Ihre Arbeit einige Preise erhalten, so den renommierten
Danner Preis oder den Böhmler Kunstförderpreis und sie ist in wichtigen
Sammlungen vertreten. Kunst ist für Helga Goldhorn auch eine Angelegenheit
der Ästhetik. Und ihre Frage "Was macht eigentlich eine gute Arbeit
aus?" ist symptomatisch für die energiegeladene und kritische Künstlerin,
für die es keinen Stillstand gibt, für die Leben und Kunst immer
Veränderung und Weiterentwicklung bedeuten.
Helga
Goldhorns Malerei ist geprägt von der Farbe, die in ihren Arbeiten
eine wichtige Rolle spielt. Farben lotet die Künstlerin auf die
Intensität und Fülle ihrer sinnlichen Gegebenheit, ihrer psychischen
Wirkung und geistigen Dimension aus. Helga Goldhorn ist dabei in
besonderem Maße an der physischen Qualität von Farbe, ihrer Gewichtung,
ihrer Textur und den Ausdrucksmöglichkeiten dieser Qualitäten interessiert.
Das optische Vor- und Zurückspringen der Farbflächen entwickelt
in ihren Bildern eine eigene Dynamik und eigene Spielregeln. Neben
der Farbe - und natürlich mit ihr verbunden - sind Licht, Raum und
Linie tragende Komponenten ihrer künstlerischen Arbeit. Linie, Form
und Farbe zu einer Einheit zusammenzufügen und mit Hilfe der Bildoberfläche
eine Räumlichkeit zu erzeugen, ist für die Sensibilität ihrer Bilder
von zentraler Bedeutung. Es entsteht ein Chaos aus Formen, die immer
wieder hinter kräftigen Pinselstrichen und ordnenden Gitternetzlinien
verschwinden. Ihre Leinwände behandelt Helga Goldhorn mit verschiedenen
malerischen Ingredienzen wie Ölfarbe, Wachs, Metallpigmenten und
Harz.
Spielten
in ihren früheren Arbeiten geometrische Formen und starke Farbabgrenzungen
die Hauptrolle wie teilweise in ihren Kuppelbildern, gewinnen in
ihren aktuellen großformatigen Leinwänden florale Muster und fließende
weiche Formen und Farben die Oberhand. In diesen Bildern wie in
"Beobachtungen" und "Makrokosmos" scheinen die Pflanzen gleichsam
zu schweben. In zarten Ranken grenzen sie die Bildfläche an den
Rändern ein und geben den Blick auf eine verschwommene imaginäre
Landschaft in der Bildmitte frei. Aber auch die Blumen haben keine
konkrete Form, sie sind keiner Gattung zuzuordnen. Sie sind Phantasiegebilde
der Künstlerin wie auch die angedeuteten Landschaften selbst. Die
dabei von Helga Goldhorn verwendeten transparenten Grautöne, unterbrochen
von zarten grünen Inseln, unterstützen und verstärken den irrealen
Charakter dieser Arbeiten. Die floralen Gebilde und ihre amorphen
Strukturen sind für Helga Goldhorn ein Sinnbild für Seelenlandschaften.
Dem menschlichen Bedürfnis nach Schutz und Geborgenheit, dem Streben
nach Harmonie geben sie nur scheinbar statt. In "Vergänglichkeit
I und II" verdichten sich die Pflanzengebilde sowohl farblich als
auch struktural zur Bildmitte hin, werden undurchdringlich und schwer,
suchen Bodenhaftung. Die Landschaft tritt dunkelgrau in den Hintergrund.
Und in den Bildern "Flower Bed", "Fleurs" und "Fenster II" lösen
sich die Pflanzenstrukturen immer mehr ins Abstrakte auf, scheinen
fast zu explodieren. Die Formen werden wild, überwuchern das gesamte
Bild, und die Farben haben die bei Helga Goldhorn gewohnte Intensität
zurückgewonnen. In diesen Bildern treten gleichsam als verstecktes
Ordnungsprinzip menschlichen Verhaltens im Hintergrund wieder geometrische
Gittermuster auf, um das Chaos einzudämmen. Die floralen Bilder
symbolisieren die Flüchtigkeit des Augenblicks, charakterisieren
den Rhythmus der Jahreszeiten und den langsamen und regelmäßigen
Zyklus von Wachsen und Vergehen in der Natur. Die kurze Zeitspanne
der Blüte, das Reifen der Früchte und schließlich der Prozeß des
Absterbens kann und soll auf den Lebenszyklus der Menschen übertragen
werden. Die Vergänglichkeit begleitet den Menschen.
Die
Kuppelbilder Helga Goldhorns vermitteln ein anderes Bild ihrer künstlerischen
Arbeit. Der Drang den Himmel nachzubilden, ist seit mehr als 2000
Jahren nachweisbar. Und Kuppeln sind Kennzeichen der bedeutendsten
Werke der Weltarchitektur. Seit einem Rom-Aufenthalt ist die Künstlerin
fasziniert vom Pantheon, einem der größten und ältesten Kuppelbauten
der Welt. Ein magischer Ort, der seitdem immer wieder Thema ihrer
Arbeit ist. Zunächst ein bedeutender Tempel des alten Roms, Symbol
geistiger und weltlicher Macht, wurde der eindrucksvolle Bau des
Pantheon zu einer der ersten christlichen Kirchen Roms (609 n.Chr.)
In
den fast streng zu nennenden Kuppelbildern Helga Goldhorns ist besonders
das Spannungsverhältnis von Hell und Dunkel wichtig. Dies gilt sowohl
in rein malerisch-optischer Hinsicht als auch in geistiger. Die
Künstlerin setzt zentrale Motive wie Bögen, Rauten und Halbkreise
ein, um dadurch Spannungen innerhalb der Bildoberfläche zu schaffen
und tiefe Räumlichkeit zu erzeugen. Dies gilt für ihre großformatigen
Leinwandarbeiten wie "Kuppel Tag" ebenso, wie für die kleinformatigen
Leinwände wie "Kuppel Nacht". Die Bilder erhalten dadurch einen
meditativen Charakter und strahlen innere Ruhe aus.
Mit
zunehmender Lebenserfahrung wird der Künstlerin bewußter, was sie
in ihren Arbeiten ausdrücken und mitteilen will, ihr Blick auf die
Kunst wird klarer, unverstellter und kompromißloser. Fragen nach
der Flüchtigkeit des Daseins, dem Sinn und Streben nach Macht und
Reichtum und nach der Vergänglichkeit menschlicher Existenz kommen
auf und finden zunehmend Eingang in ihre künstlerische Arbeit. Helga
Goldhorns Bilder transportieren viele Botschaften und eröffnen die
unterschiedlichsten Erfahrungsräume für den Betrachter wie wir in
ihren aktuellen floralen Arbeiten sehen können.
Monika
Reile
Januar
2004
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