Der
schottische Künstler Douglas Thomson konzentriert sich in seinem
Werk ganz auf die menschliche Gestalt, vor allem auf die Darstellung
von Köpfen. Mit seinen figürlich-narrativen Bildern schafft er eine
eigene Welt, in der den Augen eine besondere Bedeutung zukommt.
Der Betrachter kann sich der Präsenz und der stillen Schönheit der
Bilder nicht entziehen. Die dreidimensionalen, durchdringenden Augen,
deren Ausdruck sich zwischen Humor, stillem Glück und Gewalt bewegt,
und die den Betrachter beunruhigend bis in den letzten Winkel verfolgen,
machen Douglas Thomsons Menschengestalten so kraftvoll lebendig
und bedrohlich zugleich.
In
einem raffinierten Netz aus Farbe, Form und Struktur fängt Douglas
Thomson seine nahezu endlosen Variationen menschlicher Beziehungen
ein, die zu so wiedersprechenden Gefühlen verschmelzen wie nüchterne
Gelassenheit oder Leidenschaft, Gleichgültigkeit oder Engagement,
Haß oder Liebe sowie Glück oder Leid. So vielschichtig wie die Farben
und der Bildaufbau sind auch die Bedeutungen und Emotionen der Bildinhalte,
obwohl sich die Darstellungen selbst sehr zurückhaltend, geradezu
archaisch, zeigen. Es gibt Bilder von Paaren, Freunden, Liebenden
und von Menschen, die alleine sind. Jedes Bild erzählt eine höchst
individuelle Geschichte, auf die in den Bildtiteln bereits hingewiesen
wird, wie: "Sitzende Frau", "Kopf" oder "Badende in der Dunkelheit".
Der Malduktus von Douglas Thomson ist kräftig und raffiniert zugleich,
Schicht für Schicht werden die Ölfarben mit großem Pinsel auf die
Leinwand aufgetragen.
Waren
zunächst nur einzelne Köpfe oder androgyne Figuren dem Betrachter
frontal zugewandt vor einem anonym strukturierten Farbgeflecht im
Hintergrund der Bilder, so wandelte sich dies im Lauf der künstlerischen
Arbeit von Douglas Thomson. Ausgehend von den Einzeldarstellungen
sind nunmehr zwei oder drei wesensverwandt wirkende Personen in
seinen Bildern zu sehen. Diese Figuren stehen entweder beziehungs-
und reglos nebeneinander, oder sie berühren sich leicht. Ihre Gesten
sind dabei reduziert und wirken oft hilflos und resigniert oder
deuten zurückhaltend Gefühle an. Aber sie sind miteinander auf geheimnisvolle
Weise verbunden und treten in Kontakt zueinander. Der Hintergrund
öffnet sich zu angedeuteten, weiträumigen Landschaften oder Innenräumen,
der zunehmend die Geschichte der Figuren im Vordergrund aufgreift
und weitererzählt.
Douglas
Thomsons Figuren werden immer von vorne dargestellt, sind scharf
umrissen und mehrdeutig. Es sind feste Umrisse, manchmal von der
Hüfte oder Taille nach oben, manchmal vom Knie ab, die zu sehen
sind. Die eindrucksvollen Gesichter und die leicht verzerrten Körper
faszinieren und wirken trotz ihrer monumentalen Starrheit äußerst
lebendig.
In
seinen Papierarbeiten schlägt Douglas Thomson völlig andere Töne
an. In den kleinformatigen Aquarellcollagen stellt er in pastosen
Farben seine schottische Heimat dar. Die zarten Landschaften wirken
abstrakt, obwohl die Umrisse von Bergen, Seen, Feldern und Wäldern
zu erkennen sind. Die spontan entstehenden Collagen strahlen eine
gelassene Heiterkeit aus.
Wie
bei allen außergewöhnlichen Künstlern ist Douglas Thomsons Kunst
mehrdeutig, offen, unerwartet. Sie bleibt überraschend und wandelbar
und ist kein letztes Statement.
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